KI-Kompetenz in Medienunternehmen: Was der EU AI Act fordert und wie du es umsetzt

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KI-Kompetenz in Medienunternehmen: Was der EU AI Act fordert und wie du es umsetzt

Illustration: Dozent zeigt auf Tafel mit KI-Chip, verbunden mit Video- und Bildsymbol; drei Personen arbeiten an Laptops, EU-Sternenkreis im Hintergrund.

Könntest du beweisen, dass deine Redaktion kompetent mit Künstlicher Intelligenz umgeht? Seit Februar 2025 ist das kein Nice-to-have mehr, sondern gesetzliche Pflicht. Der EU AI Act („EU-KI-Verordnung“) verlangt von allen Unternehmen, die KI-Systeme nutzen, ihre Mitarbeitenden fit für den Umgang mit diesen Technologien zu machen. Das betrifft auch Medienhäuser: vom kleinen Lokalblatt bis zur großen Tageszeitung.

KI-Kompetenz funktioniert dabei wie ein Führerschein für das digitale Zeitalter: Du musst die Verkehrsregeln kennen, bevor du das Auto startest. Der Unterschied? Statt Straßenverkehr navigierst du durch Algorithmen und Datenverarbeitung. Die EU definiert KI-Kompetenz als die Fähigkeit, KI-Systeme sachkundig einzusetzen und dabei Chancen und Risiken zu verstehen.

Konkret für deinen Redaktionsalltag bedeutet das: Wenn deine Redaktion KI-Tools zur Textbearbeitung nutzt, müssen alle Beteiligten wissen, wie diese funktionieren und welche Grenzen sie haben. Ein praktisches Beispiel: Nutzt dein Team KI-Sprachmodelle für die Erstellung von Kurzmeldungen aus Gemeinderatssitzungen, sollten alle verstehen, dass diese Tools manchmal falsche Informationen generieren können. Sogenannte Halluzinationen verlangen deshalb immer eine Überprüfung durch den Menschen.

Die gute Nachricht: Du musst das Rad nicht neu erfinden. Die EU bietet über ihr neu geschaffenes AI Office („Europäisches Amt für künstliche Intelligenz“) praktische Hilfestellungen und sammelt Beispiele erfolgreicher Schulungskonzepte europäischer Unternehmen.

Tipps & Tricks für die Praxis

  • Erstelle eine Bestandsaufnahme: Welche KI-Tools nutzt dein Team bereits?
  • Definiere Zielgruppen und erstelle Kompetenzprofile: Wer braucht welches Wissen? Für wen genügt Grundlagenwissen? Und wer benötigt aufgrund seiner Aufgaben tiefergehendes Wissen?
  • Wähle geeignete Trainingsformate: Entscheide, ob interne Trainings, externe Workshops, Seminare oder Online-Kurse die beste Wahl sind. Die EU macht an dieser Stelle keine festen Vorgaben. Auch für neue und kreative Lösungen ist Raum.
  • Dokumentiere alle Schulungen für dein eigenes Risikomanagement.
  • Entwickle interne Richtlinien als schnelles Nachschlagewerk.
  • Plane regelmäßige Schulungs-Updates, da sich KI-Technologie schnell entwickelt.

Wenn du tiefer einsteigen willst und verstehen möchtest, was der EU AI Act konkret fordert und wie du ein systematisches Schulungsprogramm aufbaust, findest du im nächsten Abschnitt mehr Details.

Deep Dive: KI-Kompetenz in Medienhäusern

Das Beispiel der automatisierten Kurzmeldungen aus dem ersten Abschnitt zeigt, warum der EU AI Act so spezifisch bei den Kompetenzanforderungen ist. Artikel 4 der Verordnung legt fest: „Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Ausbildung und Schulung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen sind.“

Anbieter und Betreiber von KI-Systemen müssen also schulen, wobei in der Medienpraxis vor allem letzterer eine Rolle spielen wird. „Betreiber“ ist nach Artikel 3 Nr. 4 AI Act „eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder sonstige Stelle, die ein KI-System in eigener Verantwortung verwendet, es sei denn, das KI-System wird im Rahmen einer persönlichen und nicht beruflichen Tätigkeit verwendet“. Entscheidend ist der Kontext der beruflichen Nutzung.

Artikel 3 Nr. 56 der KI-Verordnung definiert KI-Kompetenz als „die Fähigkeiten, die Kenntnisse und das Verständnis, die es Anbietern, Betreibern und Betroffenen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten im Rahmen dieser Verordnung ermöglichen, KI-Systeme sachkundig einzusetzen sowie sich der Chancen und Risiken von KI und möglicher Schäden, die sie verursachen kann, bewusst zu werden.“ Wichtig: Auch externe Dienstleistende müssen geschult werden, wenn sie mit KI-Systemen in deinem Unternehmen arbeiten.

Verschiedene Ansätze für Medienunternehmen

Die Schulungsanforderungen variieren je nach Einsatzbereich. Nutzt deine gesamte Redaktion KI-Chatbots für Textvorschläge, sollten alle Mitarbeitenden bereits im Onboarding geschult werden. Setzt nur die Bildredaktion KI-Bildgeneratoren ein, können sich die Schulungen auf diesen Bereich konzentrieren. Für Hochrisiko-Anwendungen – etwa wenn KI-Systeme Personalentscheidungen unterstützen – sind deutlich tiefere Schulungen erforderlich.

Praxisanwendung: Systematisches Vorgehen

Man könnte folgendermaßen vorgehen: Zunächst führst du eine Bestandsaufnahme durch und erfasst alle genutzten KI-Tools, und zwar von Textbearbeitungssoftware bis zu automatisierten Social-Media-Planungstools. Anschließend definierst du Kompetenzprofile: Redakteur:innen benötigen Grundwissen über Funktionsweise, Grenzen und Qualitätskontrolle von KI-Texten. Die IT-Abteilung braucht tieferes technisches Verständnis über Datenverarbeitung und Sicherheitsrisiken. Die Geschäftsführung sollte über rechtliche Rahmenbedingungen und Haftungsfragen informiert sein.

Die EU macht bewusst keine starren Vorgaben für Schulungsformate. Das AI Office sammelt in seinem „Living Repository of AI Literacy Practices“ Beispiele aus der Praxis und bietet regelmäßige Webinare an. Kilian Gross, stellvertretender Direktor des Europäischen Amtes für Künstliche Intelligenz, betonte kürzlich: Wer sich um eine einigermaßen sinnvolle KI-Fortbildung bemühe, sei auf der sicheren Seite.

Langfristige Perspektive

Auch wenn der AI Act keine direkten Bußgelder für mangelnde KI-Kompetenz vorsieht, entstehen haftungsrechtliche Risiken. Dokumentierte Schulungen können bei Schadensfällen als Beleg für ordnungsgemäße Organisation dienen. Wichtiger noch: Gut geschulte Teams nutzen KI-Tools effektiver und vermeiden kostspielige Fehler. Die Investition in KI-Kompetenz zahlt sich also nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich aus.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick zu rechtlichen Themen, ersetzt aber keine individuelle Rechtsberatung. Hierfür ist die persönliche Einschätzung einer Rechtsanwält:in erforderlich.

Bei der Erstellung des Beitragsbildes sowie des Textes kam generative Künstliche Intelligenz unterstützend zum Einsatz.

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